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Spucken Geschichte

Geschichte des Spuckens: Hintergrund NZZ online gekürzt

In der Antike wurde der Speichel noch geehrt. Um einen Blinden sehend zu machen, spuckt ein früher Volksheiler dem Patienten einfach in die Augen. Es war Jesus, wie der Evangelist Markus erzählt (in 8,22-26); er tat dies nicht wegen seiner übernatürlichen Kräfte, sondern in Kenntnis des damaligen Standes der Medizin.

Körpersäfte standen im Zentrum der Lehre des Mediziners Hippokrates, die durch den römischen Gladiatorenarzt Galenus weiterentwickelt wurde. Blut, Schleim und gelbe sowie schwarze Galle bildeten ihnen zufolge ein Gleichgewicht. Seit Hippokrates und Galenus zielten viele therapeutische Massnahmen darauf ab, schädliche Stoffe mittels des Speichels aus dem Körper zu schaffen.

Arznei der Volksmedizin
Wissen um die heilsame Spucke ist in der Volksmedizin erhalten geblieben. Man bespuckt Warzen, damit sie verschwinden, und reibt schwache Augen mit Mundflüssigkeit. Speichel vermag jedes Unheil abzuwehren, so das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.

Spucken war ein reinigender Akt - und die Menschen in andern Erdteilen, aus denen europäische Touristen entsetzt berichten, wie ungeniert gespuckt wird, scheinen das ebenso zu sehen. Das galt auch in Europa bis vor 400 Jahren. «Das Herunterschlucken von Speichel ist eine Unsitte» - resorbere salivam inurbanum est -, verkündete der Gelehrte Erasmus von Rotterdam noch Anfang des 16. Jahrhunderts. Unhöflich war es nur, quer über den Tisch zu spucken oder direkt darauf. Sonst aber wird munter auch im Innern von Wohnräumen auf den Boden gespuckt.

Wenn schon ausspucken, so eine Vorschrift über Manieren hundert Jahre später, «soll man es so unsichtbar wie möglich tun und dafür sorgen, dass man weder Personen noch Kleider trifft». Es folgt die Anmerkung: «Und wohin man auch spuckt, soll man mit dem Fuss auf den Auswurf treten.» Was von vorneherein erfordert, dass man nicht zu weit spuckt. Die Vornehmeren gewöhnen sich schon daran, in ein Taschentuch zu spucken.

Eine Wandlung setzt sich durch. In barocken Vorstellungen ist die Erde ein Jammertal, der Mensch ein Wurm, und im Körper wirkt irdische Fäulnis. Ein Arzt namens Paullini verkündet entsetzt: «Wenn du betrachtest, was täglich, ja stündlich durch Mund und Nasen und andere Ausgänge abgeführt wird, hast du dein Lebtag keinen garstigeren Misthaufen dann dich selbst gesehen.»

Bald empfanden auch Hausmägde als eklig, was am Boden lag. Zumal in den Wohnräumen mehr und mehr Teppiche ausgelegt wurden. Um den Speichel aufzunehmen, wurden Spucknäpfe installiert. Anfänglich waren das richtige Holz- oder Blechkästen, mit Sägespänen und Sand gefüllt, deren Reinigung allerdings ebenfalls umständlich war. So galt es in besserer Gesellschaft bald als verpönt, in diese Hygienetöpfe zu spucken. Sie standen nur da als Zeichen für das, was man nicht tun sollte, weshalb Kulturhistoriker von «Verbotsmöbeln» sprechen.

Tuberkulose
Norbert Elias erklärt den wachsenden Ekel damit, dass sich die Wege der Menschen häufiger kreuzten, das Zusammenleben dichter wurde. Erst nachdem das Spucken schon als Untugend gilt, tritt die Tuberkulose auf. Nun liefert die medizinische Wissenschaft die Begründung für das, was kulturell schon vollzogen worden ist. 1882 weist der Bakteriologe Robert Koch die Existenz des Tuberkelbazillus nach, und weitere Forscher zeigen auf, wie dieser Bazillus durch Staub und Tröpfchen übertragen wird.

Auswurf von Speichel gilt seither nicht nur als eklig, sondern als krankheitserregend.