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Asyl im Namen des Vaters Martin Schäuble

"Asyl im Namen des Vaters" Martin Schäuble

„Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.
Man wird ja auch kein Auto, wenn man in einer Garage steht.“ Albert Schweitzer

Unterrichtsvorschläge zu den 2 Texten, die wir mit Erlaubnis von Herrn Schäubli hier verwenden:
- Klasse in 2 Gruppen, eine liest Text 1 die andere Text 2!

Versuchen Sie herauszufinden:
Was ist bei Text 1 1972 passiert? Medithek, Internet
Was ist Kirchenasyl, suchen im Netz nach Bsp. aus Ihrem Land! Was ist das, was halten Sie davon?

Sie kennen nun den Anfang und den Schluss einer tragischen Flüchtlingsgeschichte!
Sie können die Geschichte im Netz lesen oder als Buch bestellen.
Die Lehrkraft erzählt ihnen vielleicht, was die Familie erlebt hat in den 28 Jahren oder Sie hören sich die Gespräche an auf der Webseite http://www.asylimnamendesvaters.de/
Hier lässt sich auch das ganze Buch herunterladen zur Vorschau oder sogar lesen!

Die beiden Texte als PDF herunterladen... [72 KB]

Text 1

Prolog

Duc Giang, ein kleiner Ort in der Nähe von Hanoi, im Dezember 1972. Der fünfjährige Tuan Nguyen spielt mit einem seiner beiden Brüder auf der Straße. Der andere Junge besucht Freunde, die Mutter arbeitet. Irgendwann treten die zwei Kinder den Heimweg an. Nach fünf Minuten hören sie die aufgeregte Stimme eines alten Mannes. Die Lautsprecher an den Straßenlaternen verbreiten seine Worte im ganzen Ort. Der Mann hinter dem Mikrofon redet schnell und laut. Er gibt den Abstand der Flugzeuge zu Duc Giang an. Bomber-Alarm! Als er von 50 Kilometern spricht, übertönt Sirenengeheul seine Stimme.
Einen Augenblick später hört Tuan, wie sein Bruder ihm zuruft. Der ganze Ort scheint sich zu bewegen. Nachbarn und Freunde rennen an ihnen vorbei. Dann spürt er die Hand seines Bruders, die ihn mitzieht.
Zusammen laufen sie den Menschen hinterher. Einzelne von ihnen schreien. Sie schreien Namen, die Tuan nicht kennt. Überall weinen Kinder. Tuan nähert sich seinem Ziel.
Die Bunker messen 20 Meter in der Länge und zwei Meter in der Breite. Die Schutzräume liegen ein paar hundert Meter von Tuans Wohnung entfernt. Vor den Erdlöchern herrscht ein Gedränge. Tuan klettert mit seinem Bruder in eine der Öffnungen. Die Leute, die nach ihm kommen, drücken ihn weiter in die stickige Dunkelheit. Er kann im Bunker stehen. Die Erwachsenen müssen in die Hocke gehen. In dem Graben schreit keiner mehr. Einige flüstern. Viele schweigen. Von seinem zweiten Bruder fehlt jede Spur.
Tuan hört leises, dumpfes Donnern. Das Gewitter kommt näher. Sekundenlang bleibt es bei dem leichten Grollen. Im nächsten Moment bebt die Erde. Tuan presst seine Hände an die Ohren. Er kneift die Augen zusammen.
Die B-52-Bomber werfen einen Teil ihrer Fracht über Duc Giang ab. Brücken, die über den Roten Fluss führen, stürzen ein. Gebäude gehen in Flammen auf. Treibstofftanks explodieren. Bis zu 30 Tonnen Kriegslast tragen die Flugzeuge. Tuan wird nie erfahren, wie viele Tausend Kilo auf seinen Ort gefallen sind.
Der Gestank von brennendem Benzin dringt durch die Luftlöcher in den Bunker. Tuan hört fast nichts mehr. Kein Gewitter. Keine Schreie. Nur ein grelles Pfeifen.
Minuten vergehen. Die Menschen im Bunker bewegen sich. Tuan folgt ihnen aus der Höhle. Sein Bruder sagt etwas. Doch Tuan kann es nicht verstehen. Das schmerzende Pfeifen übertönt die Worte.
Ein Soldat kommt auf die zwei Kinder zu. Er hievt Tuan auf seine Schultern. Tuans Bruder nimmt er an die Hand. Sie laufen gemeinsam zum Roten Fluss. Auf dem Weg dorthin sieht Tuan Verwundete. Der Soldat eilt an einem Lkw vorbei. Auf der Ladefläche liegen aufeinander gestapelte Menschen.
Ein Mann mit Uniform steht am Straßenrand und trägt einen Verband um den Bauch. Andere liegen leblos auf ihren Gewehren. Tuan wird über 30 Jahre später diese Bilder noch vor sich sehen.
Sie laufen ein paar hundert Meter weiter. Am Ufer des Roten Flusses bleiben sie stehen. Der Soldat setzt ihn ab. Er verabschiedet sich von den zwei Jungs und verschwindet. Vielleicht rennt er zurück zum Bunker, vielleicht zu den Verwundeten. Tuan wird ihn nie wieder sehen.
Eine Stunde wartet er mit seinem Bruder am Flussrand. Plötzlich steht seine Mutter vor ihm – mit dabei sein zweiter Bruder. Die Kinder lachen und umklammern sich gegenseitig. Die Mutter weint. Ihr Mann bekommt davon nichts mit.
Tuans Vater arbeitet an diesem Tag in Hai Phong. Die Hafenstadt liegt drei Autostunden entfernt von Duc Giang. Auch Hai Phong bleibt von den Bomben nicht verschont. Tuans Vater hört im Radio, dass die Flugzeuge sein Heimatdorf bombardiert haben.
Ein Arbeiter des Betriebes fährt ihn nach Hause. Den aufsteigenden Rauch der brennenden Treibstofflager sieht Tuans Vater schon einige Kilometer vor Duc Giang. Dort angekommen, läuft er auf sein Zuhause zu – die Wände aus Bambusholz sind von Bombensplittern durchlöchert, die Haustür fehlt. Er betritt den Raum und entdeckt zwischen den Trümmern seine Frau. Tuans Mutter kniet auf dem Boden und verstaut Kleider in Kisten, Lebensmittel in Taschen. Die Kinder blieben am Fluss.
In der Nacht zieht die Familie in den Nachbarort. Das Dorf liegt auf der anderen Seite des Roten Flusses. Tuan schläft mit seinen Brüdern auf dem Boden der neuen Wohnung.
Tuan beobachtet in den kommenden Tagen Flugzeuge am Himmel. Manchmal heulen weit entfernt Sirenen. Sein Vater beruhigt ihn. Das neue Zuhause sei sicher. Es gebe keine Brücken, keine Fabriken, keine Treibstofftanks.
rund 28 Jahre später!
Text 2

Draußen vor der Tür
Libbenichen, ein 490 Einwohner zählendes Dorf in Brandenburg. 22. Mai 2000 gegen 17 Uhr. Pfarrer Olaf Schmidt und seine Frau Birgit werden in wenigen Minuten eine ihrer folgenschwersten Entscheidungen treffen….

Jemand drückt auf die Türklingel. Pfarrer Schmidt läuft zwischen dem schmalen Arbeitsplatz und dem Tisch mit der Schreibmaschine vorbei. Normalerweise öffnen seine Kinder die Tür….
Vor der Tür wartet Tuan Nguyen. Er hält eine voll gepackte Reisetasche in der Hand. Neben ihm stehen seine Frau Ha und sein achtj ähriger Sohn. Schmidt sieht, wie ein vor dem Haus parkendes Auto plötzlich beschleunigt und davonfährt.
Er kennt Familie Nguyen von seinen Besuchen im Flüchtlingsheim. Asylbewerber schauen auch manchmal bei ihm persönlich im Pfarrhaus vorbei. Der eine braucht Rat, der andere Beistand. Manche sagen, sie seien gläubig, andere lassen das Thema Religion außen vor. Viele beten zu Allah, einzelne sind Buddhisten. Zu Letzteren zählen Tuan und Ha. Als der Pfarrer Familie Nguyen sieht, das davonfahrende Auto wahrnimmt, die Reisetasche in Tuans Hand bemerkt, weiß er Bescheid. Sie brauchen mehr als Rat und Beistand.
Sie begrüßen sich gegenseitig, während Tuan erklärt, dass sie mit ihm sprechen müssen. Der Pfarrer bittet Tuan, einen Augenblick zu warten. Er läuft an ihm vorbei, erzählt seiner Frau im Pferdestall von dem Besuch und kommt mit ihr zurück. Ein paar Sekunden später sitzen sie mit Familie Nguyen in der Küche.
Birgit Schmidt kennt die Familie vom Sehen. Sie besucht zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern öfters Veranstaltungen im Flüchtlingsheim. Eine Gruppe von ehrenamtlichen Helfern kümmert sich um die Bewohner des Heimes – die Gruppe nennt sich Flüchtlingshilfekreis. Bei den Treffen dieses Kreises ist auch Birgit Schmidt ab und zu dabei. Sie hat dort einmal davon gehört, dass Tuans Sohn krank sei. Und sie hat erfahren, wie lange Familie Nguyen sich schon um ein Bleiberecht in Deutschland bemüht. Doch Genaueres weiß sie nicht; in den Heimen leben viele Flüchtlinge und die Flüchtlingshelfer sprechen über so manche Schicksale.
Einmal haben sie mit Hilfe von Familie Nguyen einen vietnamesischen Abend organisiert. Sie haben Frühlingsrollen aus Reispapier gemacht, mit Hackfleischfüllung, Sojasprossen, Morcheln und Lauchzwiebeln.
Bei dem heutigen Treffen in der Küche denkt niemand an Essen. Tuan zieht einen Brief aus der Jackentasche. Er zeigt dem Pfarrer ein Schreiben der Ausländerbehörde. Es enthält genaue Angaben zur geplanten Abschiebung nach Vietnam. Tuan deutet auf die Stelle, wo Tag und Uhrzeit erwähnt werden. Die Abschiebung soll in vier Stunden vollzogen werden. Dann erzählt Ha etwas, was Olaf und Birgit Schmidt nicht ahnen können. Has Sohn Duc Toan hat wegen seiner Krankheit ein ärztliches Attest. Doch nicht nur er – auch Ha hat die schriftliche Stellungnahme eines Arztes. Der Mediziner warnt vor einer Flugreise. Der Grund? Ha erwartet ihr zweites Kind.
Der Eilantrag ihres Rechtsanwaltes hat beim Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Die Behörden haben zwar Has Duldung verlängert, doch Tuan und Duc Toan durften weiterhin abgeschoben werden.
Pfarrer Schmidt schaut seine Frau an, sie sprechen kurz miteinander. Dann läuft er in sein Arbeitszimmer und setzt sich in den Ledersessel mit den dicken Armlehnen. Auf dem Schreibtisch sucht er nach einer Liste mit den Telefonnummern der Gemeindekirchenräte.
Sieben Telefonnummern. Alle fünf Jahre finden Wahlen statt. Dann wählen die 505 Kirchenmitglieder der umliegenden Dörfer ihren Gemeindekirchenrat. Die Telefonnummern ändern sich selten.
Im Rat kennt man sich – zwei Verkäuferinnen im mittleren Alter, eine 60 -jährige und eine 40 -jährige Hausfrau, eine Sozialarbeiterin, ein Landwirt, ein selbstständiger Handwerker und Pfarrer Schmidt.
„Es gibt etwas zu klären hinsichtlich eines Kirchenasyls.“ Viel mehr sagt er nicht am Telefon. Knapp eineinhalb Stunden später treffen sie sich im Gemeindehaus vom benachbarten Ort Dolgelin. Keiner fehlt – auch Tuan sitzt mit am Tisch. Ha und Duc Toan warten bei Birgit Schmidt im Pfarrhaus.

Zwei Räume gibt es für die Gemeinde. Ein Raum in Klassenzimmergröße für Gottesdienste, ein kleineres Zimmer für Besprechungen – eine Falttür trennt sie voneinander. An diesem Abend sitzen sie um den klobigen Holztisch im kleineren Zimmer. Ein gutes Viertel des Raumes nimmt eine in Potsdam hergestellte Orgel in Anspruch.
Pfarrer Schmidt und Tuan erzählen der versammelten Gruppe von der geplanten Abschiebung. Schmidt erklärt, wieso Vater und Sohn abgeschoben werden sollen, die Mutter aber für ein paar Monate bleiben darf. Tuan berichtet vom Leben seiner Familie – vom Leben in Flüchtlingsheimen. Sie wohnen seit neuneinhalb Jahren in derartigen Unterkünften. Er erzählt von Rechtsstreitigkeiten, von vergeblichen Bemühungen um ein Bleiberecht, von Duc Toans Krankheit und von Has Schwangerschaft. Die Flucht ins Pfarrhaus sei ihr einziger Ausweg gewesen. Der Pfarrer habe einmal im Heim gesagt, dass sie sich melden sollten, wenn sie Hilfe benötigten. Nun sei es soweit.
Pfarrer Schmidt stellt dem Rat die entscheidende Frage. Die Mitglieder stimmen per Handzeichen ab. Die Hand hoch, bedeutet ja und ja heißt Kirchenasyl für Vater und
Sohn. Eine Abschiebung der Mutter sehen die Behörden zunächst nicht vor. Sie hat somit nichts zu befürchten.
Nicht immer ist sich der Rat einig. Heftige Diskussionen gab es beim geplanten Zusammenschluss mit benachbarten Gemeinden. Auch als sich jemand darüber beschwerte, im Gottesdienst würden zu viele Texte verlesen, gab es Unstimmigkeiten. Manche wollten alles ändern, andere gar nichts.

Bei der Abstimmung zum Kirchenasyl gibt es keine Debatte. Dieses Mal halten alle die Hand hoch. Die Familie soll nicht getrennt werden….

Klasse in 2 Gruppen, eine liest Text 1 die andere Text 2!
Versuchen Sie herauszufinden:
Was ist bei Text 1 1972 passiert?
Was ist Kirchenasyl, suchen im Netz nach Bsp. aus Ihrem Land! Was ist das, was halten Sie davon?

Sie kennen nun den Anfang und den Schluss einer tragischen Flüchtlingsgeschichte!
Sie können die Geschichte im Netz lesen oder als Buch bestellen.
Die Lehrkraft erzählt ihnen vielleicht was die Familie erlebt hat in den 28 Jahren oder Sie hören sich die Gespräche an auf der Webseite http://www.asylimnamendesvaters.de/